8. November 2023

Steidle steht seit 200 Jahren für „Fortschritt mit Tradition“, oder in diesem Fall besser: Innovation.

Bäume pflanzen ist gut für Klima, Umwelt, Mensch und Tier. Bis eine neue Waldgeneration aber ihre vielfältigen Funktionen übernehmen kann, vergehen etliche Jahre. Zeit, in der Aufforstungsflächen zusätzlich genutzt werden könnten – zum Beispiel als erneuerbare Energiequelle.

Bereits seit vielen Jahren nutzen wir auf unseren großen Gebäudedachflächen in Sigmaringen und Krauchenwies Photovoltaikanlagen zur Energiegewinnung. In unserer Quarzsandgrube in Meßkirch-Rengetsweiler setzen wir seit diesem Sommer ein deutschlandweit einzigartiges Projekt um: Ein etwa 3500 Quadratmeter großes Versuchsfeld wird in den nächsten zehn Jahren nicht nur der Rekultivierung und Aufforstung dienen, sondern gleichzeitig auf einem Teilbereich der Energiegewinnung über eine Photovoltaikanlage. Dafür hat unsere Firma eine sechs Meter hohe Stahlkonstruktion im Baukastensystem entwickelt, die nach dem Ende des Versuchszeitraums dank der Schraubfundamente abgebaut und rückstandsfrei versetzt werden kann. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) Freiburg und dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg unterstützt das Vorhaben mit einer finanziellen Förderung. Natürlich ist auch das Sigmaringer Landratsamt mit seinem Fachbereich Forst involviert.

Die Idee zum Versuchsprojekt entstand in den eigenen Wäldern unseres Geschäftsführers Hans Steidle. Hier hat die Erfahrung gezeigt, dass direkte Sonneneinstrahlung und die damit verbundene Trockenheit in Kombination mit dem Klimawandel die Aufforstung neuer Waldbestände erschweren. So kam der Gedanke auf, die übermäßige und schädliche Sonneneinstrahlung auf kahle Flächen lieber positiv zur Stromgewinnung zu nutzen und es zugleich den Pflanzen etwas leichter im Wachstum zu machen. Die Rekultivierungsflächen in der Quarzsandgrube Rengetsweiler stehen damit als perfekte kahle Versuchsflächen zur Verfügung.

Seit rund 50 Jahren wird im dortigen Quarzwerk Sand abgebaut. Ist der Vorrat in einem bestimmten Bereich erschöpft, wird die entsprechende Waldfläche wieder aufgeforstet. Das geschieht auf dem errichteten Versuchsfeld neuerdings unter ganz bestimmten Bedingungen: Auf einem Teilbereich wurden junge Weißtannen und Nordmanntannen gepflanzt, darüber befinden sich die an der Stahlkonstruktion montierten Photovoltaikmodule in zweierlei Ausführungen. Daneben befindet sich eine identisch bepflanzte Vergleichsfläche ohne Photovoltaikanlage. So kann direkt verglichen werden, wie sich die Teil-Überdachung mit Photovoltaikmodulen auf die Bodenbeschaffenheit, die Wasserverdunstung und das Wachstum der Bäume auswirkt. Im Detail geht es beispielsweise darum, welche Folgen die Beschattung durch die Module auf das Anwuchsverhalten, die Wasserversorgung und die Höhenentwicklung der Bäume hat. Das wollen neben dem Fachbereich Forst des Landratsamts Sigmaringen auch die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) und das Fraunhofer-Institut herausfinden. Die Anlage ist so konzipiert, dass weiterhin Regen und Luft an Pflanzen und Boden gelangen, die Sonne jedoch nur mit reduzierter Einstrahlung.

Der Strom aus der Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 135 kWp kann mit einer kurzen Stromleitung vorrangig vom Quarzsandwerk vor Ort genutzt werden, beispielsweise für den Betrieb von Förderbändern oder Maschinen zum Waschen und Sieben des Sandes. Der Überschuss wird in das Stromnetz eingespeist.

Spätestens wenn die neu gepflanzten Bäume die Höhe der Photovoltaikmodule erreichen, soll die Anlage abgebaut und an anderer Stelle eingesetzt werden. Nach dem jetzigen Wissensstand gehen die beteiligten Experten davon aus, dass das in etwa zehn Jahren der Fall sein wird, dann endet auch der Versuchszeitraum. Bis dahin werden umfangreiche Messergebnisse der FVA und Fraunhofer ISE vorliegen. Darüber hinaus sind jährliche Ortstermine geplant, um das Wachstum der Bäume im Blick zu behalten. Schon nach zwei bis drei Jahren kann eingeschätzt werden, ob der Versuch positive Ergebnisse bringt. Falls ja, kann das Konzept auf weitere Flächen übertragen werden, z.B. Kalamitätsflächen, Rekultivierungsflächen oder Baumschulen mit niedriger Aufständerung. Bereits jetzt denkt der Geschäftsführer des Familienunternehmens auch an Orte, die keine Möglichkeit zum Stromanschluss haben und nach gleichem Prinzip vielleicht dezentral Wasserstoff produziert werden könnte. Hier ist das erfolgreiche Konzept der 200-jährigen Firmengeschichte des Familienunternehmens klar ersichtlich: Jeder der geschäftsführenden Generationen hat seine eigene Note in die Firma einfließen lassen und macht sie zu dem, was sie heute ist und morgen sein wird.

08.11.2023:
Berichtveröffentlichung auch bei der Tagesschau und in den SWR-Radio-Regionalnachrichten:
https://www.tagesschau.de/inland/regional/badenwuerttemberg/swr-solardach-soll-junge-baeume-in-messkirch-schuetzen-100.html

24.11.2023
Beitrag mit persönlichen Interviews und Luftaufnahmen in SWR-Fernsehen am 26.11.2023 um 18:00 Uhr in der Nachrichtensendung SWR-Aktuell.



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